[Talk-at] Urheberrechtsabgaben und Verwertungsgesellschaften

HelmutGruendlinger at gmx.at HelmutGruendlinger at gmx.at
Tue Jan 26 13:05:15 UTC 2016



Am 26.01.2016 1:39 nachm. schrieb Rudolf Mayer <rudolf.mayer at gmail.com>:
>
> Hi!
>
> Eine vielleicht ganz naive Frage, bin kein Experte, aber: erlaubt die 
> OSM Lizenz nicht ganz explizit kommerzielle Verwendung der Daten ohne 
> eine Benutzungsgebühr?
>
> Damit wäre ja eine jede Vergütung einer Verwertungsgesellschaft absolut 
> auf reiner Freiwilligkeit dieser Verwertungsgesellschaft basierend, 
> oder? Das ist ja was anderes als bei Musik oder einem Buch, wo die 
> Vervielfältigung ja fast immer explizit verboten ist, ebenso öffentlich 
> Aufführungen u.Ä. eine besondere Genehmigung benötigen, etc...
> Bei OSM im Gegenzug wird ja spezielle erwähnt dass die Nutzung frei ist..
>
> Also allgemein wäre es toll wenn dem OSM Projekt was zukommen würde! Für 
> Einzelpersonen stelle ich mir das dann noch mal viel schwieriger vor, 
> weil man glaube ich kaum aufteilen könnte wieviel Anteil ein einzelner 
> an z.b. der Daten aus Österreich hätte...
>
> Lg
> Rudi
>
> On 01/25/2016 04:17 AM, Friedrich Volkmann wrote:
> > Vielleicht kann sich noch der eine oder andere noch erinnern, dass die
> > Austro Mechana 2010 sich über ein Urteil des OGH hinweggesetzt und
> > Urhebberechtsabgaben (URA, neuerdings auch Speichermedienvergütung genannt)
> > auf Festplatten eingefordert hat. Nicht alle Händler fügten sich der
> > Forderung, deshalb betrieben die Verwertungsgesellschaften Lobbying in der
> > Politik und erreichten mit Mitteln, die sich jeder selber denken kann, dass
> > die SPÖ-Minister Schmied und dann Ostermayer der Abgabe wohlwollend
> > gegenüberstanden. Nach Verhandlungen der Industrie mit dem Handel - die
> > Konsumentenvertreter spielten nicht wirklich mit - wurde im Herbst die
> > Abgabe auf alle Arten von Speichermedien (Festplatten, SD-Karten, USB-Sticks
> > usw.) gesetzlich gedeckt.
> >
> > Das neue Gesetz sieht aber auch vor, dass die Verwertungsgesellschaft die
> > URA zurückzuzahlen hat "an den Letztverbraucher, der Speichermedien zu einem
> > Preis erworben hat, der die bezahlte Vergütung einschließt, diese jedoch
> > nicht für Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch benutzt oder
> > benutzen lässt" (Urheberrechtsgesetz=UrhG §42b Abs. 6) und dafür "auf ihrer
> > Website einen einfachen, verständlichen und für den durchschnittlichen
> > Nutzer nachvollziehbaren Weg für die Geltendmachung des Rückersatzanspruchs
> > und der Befreiung von der Zahlungspflicht anzubieten, der eine wirksame
> > Geltendmachung ermöglicht und mit keiner übermäßigen Erschwernis verbunden
> > ist" (Abs. 8). Wie sich die Austro Mechana schon nicht ans Urteil des OGH
> > hielt, hält sie sich nun auch nicht an diese §§, denn auf ihrer Website
> > www.aume.at ist keine einfache Möglichkeit der Rückerstattung zu finden.
> > Wenn man genau sucht, findet man Formulare für Firmen, für Konsumenten gibt
> > es nichts. Und sogar für Firmen ist die Rückforderung kompliziert und
> > kostspielig (Porto). Ich habe die Austro Mechana darum am 3. Jänner per Mail
> > um Auskunft gebeten. Es kam schnell eine automatische
> > Mailempfangsbestätigung, auf eine Antwort warte ich immer noch.
> >
> > Das betrifft uns als Mapper in vielfacher Hinsicht. Wenn wir eine
> > Speicherkarte fürs Garmin kaufen, zahlen wir URA an die Austro Mechana. Wenn
> > wir eine Speicherkarte für die Kamera kaufen, ebenso. Wenn wir ein Handy
> > kaufen, ditto. Wenn wir die Daten auf die Festplatte kopieren - für die
> > haben wir ebenfalls URA abgeliefert. Und natürlich brauchen wir Backups -
> > schon wieder zahlen wir URA. Wir zahlen ununterbrochen an die
> > Musikindustrie, obwohl wir die Speichermedien überhaupt nicht für Musik
> > brauchen. Es sind im wesentlichen unsere eigenen Daten, die wir abspeichern.
> > Wir sind nicht die Datennutzer, sondern die Urheber.
> >
> > Und das bringt mich zum eigentlichen Grund, warum ich dieses Mail schreibe.
> > Als Urheber sollten wir durchs neue Gesetz eigentlich nicht zur Kasse
> > gebeten werden, sondern ganz im Gegenteil etwas von dem Kuchen abbekommen.
> > Und wenn man bedenkt, dass heute schon auf so gut wie jedem Handy oder Navi
> > OSM-Daten drauf sind bzw. genutzt werden, dann steht uns nicht nur ein
> > kleiner Teil des Kuchens zu, sondern ein großer. Es geht um richtig viel Kohle.
> >
> > OSM ist eine Datenbank und somit nach UrhG §40f Abs. 2 als
> > Sammelwerk urheberrechtlich geschützt. Nach §6 sind aber zusätzlich auch die
> > einzelnen Datenbankeinträge (Ways usw.) urheberrechtlich geschützt. Da fragt
> > sich zunächst, ob diese als "Sprachwerke aller Art einschließlich
> > Computerprogramme" (§2 Abs. 1), als "Werke wissenschaftlicher oder
> > belehrender Art, die in bildlichen Darstellungen in der Fläche oder im Raume
> > bestehen" (§2 Abs. 3) oder als "Werke der bildenden Künste" (§3) einzuordnen
> > sind. Da Datenbanken keine Computerprogramme sind, sondern bestenfalls
> > Bestandteil von Computerprogrammen, und ich mich auch nicht als bildender
> > Künstler fühle, fallen die einzelnen Daten m.E. eindeutig unter §2 Abs. 3.
> >
> > Wenn OSM-Daten aber in einem Computerprogramm verwendet werden, sind wir
> > zugleich auch Miturheber dieses Computerprogramms.
> >
> > D.h. mit dem Hochladen von Daten in OSM werden wir auf dreifacher Weise zu
> > Urhebern:
> > 1.) als Urheber eines Werkes der Literatur nach §2 Abs. 3
> > 2.) als Miturheber eines Sammelwerks nach §6 bzw. §40f
> > 3.) als Miturheber eines Computerprogramms, also eines Werkes der Literatur
> > nach §2 Abs. 1.
> >
> > Der Vollständigkeit halber erwähne ich noch, dass wir bei Veröffentlichung
> > von Texten im Internet außerdem folgendes sind:
> > 4.) Urheber von Werken der Literatur (Beiträge in Mailinglisten, Webforen,
> > eigene Webseiten...)
> > 5.) Miturheber von Werken der Literatur (Wikiseiten usw.)
> >
> > Diese Kategorien entscheiden, welche Verwertungsgesellschaft für uns
> > zuständig ist. Es gibt nämlich eine ganze Reihe von Verwertungsgesellschaften:
> >
> > A) Austro Mechana, AKM und LSG vertreten die Musikindustrie
> > Aa) Austro Mechana kassiert bei Datenträgern
> > Ab) AKM kassiert bei Radiosendungen, Aufführungen in Lokalen u.dgl.
> > Ac) LSG kassiert ebenfalls von Lokalen und zusätzlich von Fluggesellschaften
> > B) Literar Mechana vertritt Autoren und kassiert bei Kopierern, Druckern,
> > Scannern usw. sowie von Rundfunkanstalten und Kabelbetreibern
> > C) FAM und VDFS vertreten die Filmindustrie
> > Ca) FAM kassiert von Fernsehempfängern
> > Cb) VDFS kassiert bei CDs
> > D) Bildrecht alias VBK vertritt Bildende Künstler und kassiert bei
> > Kopierern, Druckern, Scannern usw. (zusätzlich zu den Abgaben für die
> > Literar Mechana) sowie in jedem einzelnen Fall, wo die Werke dargestellt werden
> > E) VGR vertritt Rundfunkanstalten
> >
> > Für Punkt 1 wäre also die Literar Mechana zuständig, und für Punkt 2 ebenso,
> > weil es sich um quasi um eine Literatursammlung handelt. Für 3, 4 und 5 auch.
> >
> > Die Literar Mechana hebt zwar nicht direkt Abgaben auf Speichermedien ein,
> > bekommt aber von der Austro Mechana einen vereinbarten Anteil.
> >
> > Um nun an Tantiemen zu kommen, muss man erst mal bei der
> > Verwertungsgesellschaft, also der Literar Mechana, Mitglied werden. Entweder
> > als Einzelperson oder als Organisation (z.B. Verein OpenStreetMap Austria).
> > Außerdem muss man das Werk (Openstreetmap?) ins Werkeregister eintragen. Die
> > Gelder werden nach den Verteilungsbestimmungen
> > (http://www.literar.at/docs/default-source/downloads/verteilungsbestimmungen.pdf?sfvrsn=20)
> > auf die Werke bzw. je Werk auf dessen Urheber und Verleger aufgeteilt. Das
> > größte Problem mit den konkreten Verteilungsbestimmungen ist, dass die darin
> > noch als Leerkassettenvergütung bezeichnete Speichermedienvergütung nur für
> > im Rundfunk aufgeführte Werke ausgeschüttet wird. Auch sonst gibt es in dem
> > ganzen Dokument nichts, was auf Datenbanken oder deren Folgeprodukte passen
> > würde.
> >
> > Falls es mit der Literar Mechana nicht klappt, gibt es noch die Möglichkeit,
> > eine neue Verwertungsgesellschaft zu gründen. Dazu braucht man eine
> > Betriebsgenehmigung durch die Aufsichtsbehörde für
> > Verwertungsgesellschaften. Weiteres siehe Verwertungsgesellschaftengesetz
> > (VerwGesG). Es ist sicher um so chancenreicher, je mehr potenzielle
> > Mitglieder angesprochen werden, z.B. mit einer Verwertungsgesellschaft
> > generell für Datenbanken statt nur für OSM.
> >
> > Habt ihr euch zu dem Thema schon Gedanken gemacht, habt ihr Lust in der
> > Sache aktiv zu werden, und wenn ja, mit welcher Strategie?
> >
>
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