[Talk-at] Namen von Nebenfahrbahnen / StreetComplete

Friedrich Volkmann bsd at volki.at
Mon Jun 5 18:22:16 UTC 2023


On 05.06.23 15:51, Frederik Ramm wrote:
> Ich frage mich in solchen "was ist der Name von irgendwas"-Situationen immer, 
> wie man es "natürlich" nennen würde.
> 
> Also wenn ich auf einer Nebenfahrbahn oder einem kleinen Verbindungsstück 
> fahre, und später erzähle ich jemandem, wo ich lang gefahren bin - sage ich 
> dann "ich fuhr auf der X-Straße" und es hört sich richtig an? Dann hat das 
> Stück auch diesen Namen. Sage ich stattdessen "ich fuhr auf dem kleinen Stück 
> zwischen der A- und der B-Straße" oder "ich ging auf dem Fußweg entlang der 
> Z-Straße" (statt "ich ging auf der Z-Straße"), dann haben die betreffenden 
> Stücke eben *nicht* den Namen der betreffenden Straße, sondern werden 
> lediglich unter Rückgriff auf den Straßennamen identifiziert.

Wir lernten schon in der Volksschule, dass die Straße der gesamte Bereich 
zwischen Häuserfront und Häuserfront ist, mitsamt Nebenfahrbahnen, Gehsteigen, 
Grünstreifen usw. Entsprechend fühlt man sich auch auf der Nebenfahrbahn noch 
in der X-Straße. Das gilt aber genauso für den Grünstreifen. Wer also die 
Nebenfahrbahnen mit dem Straßennamen versieht, muss konsequenterweise auch die 
Gehsteige, Grünstreifen usw. so nennen. Ebenso ref=* auf alle diese Objekte 
setzen. Sogar die Kanaldeckel würde man mit "in/auf der X-Straße" beschreiben. 
Also Straßenname auf alle man_made=manhole?

Was man genau sagt, hängt immer von den Umständen ab, und was man 
kommunizieren will. In einem Unfallbericht ist es zu wenig, nur von der 
X-Straße zu schreiben. Man muss deziert die Nebenfahrbahn angeben. Wenn ich 
dir erzähle, ich habe heute in der X-Straße ein Känguruh gesehen, dann sage 
ich nicht dazu, ob ich in der Haupt- oder Nebenfahrbahn unterwegs war. 
Interessant ist nur das Känguruh.

Egal was man sagt – man wird nie empfinden, dass der Gehsteig oder die 
Nebenfahrbahn "die X-Straße" ist. Sondern dass es Anlagen in der X-Straße sind.

So ähnlich wie bei Gebäuden. Ein Bauernhof umfasst oft viele Gebäude 
(Wohnhaus, Stall, Garage, Scheune usw.). Die Adresse gilt für alle gemeinsam. 
Man setzt die Adresse aber nur aufs Wohngebäude. Alternativen sind Relationen, 
oder man setzt die Adresse auf eine größere Fläche (z.B. landuse=farmyard).

Die Adresse auf mehrere Gebäude eines Bauernhofs zu setzen würde praktisch 
kaum auffallen. Wenn man aber name="Schloss Schönbrunn" auf jedes einzelne 
Gebäude setzt, dass zum Schloss Schönbrunn dazugehört, dann kommt man schnell 
in Teufels Küche, nicht nur weil es im Rendering unübersichtlich wird, sondern 
auch weil eine Suche (Nominatim etc.) dann zig Ergebnisse liefert statt 
richtig nur einem.

Darum ist es allein schon aus praktischen Gründen undenkbar, Nebenfahrbahnen 
und Gehsteige mit dem Straßennamen zu versehen. Keiner will hundert 
Margaretengürtel in einem Suchergebnis sehen. Die Hauptfahrbahnen sind mehr 
als genug.

Relativieren muss ich das insofern, als Nebenfahrbahnen nicht immer klar von 
Hauptfahrbahnen bzw. separaten Straßen unterscheidbar sind. Manchmal ist die 
Nebenfahrbahn genauso breit oder sie ist weit von der Hauptfahrbahn entfernt, 
womöglich mit Bauten dazwischen, oder an der Nebenfahrbahn steht eine eigene 
Namenstafel, manchmal ist die Einbahn umgekehrt, mitunter kann man im Kreis 
fahren...

Es weiß auch keiner genau, wann man Nebenfahrbahnen als highway=residential 
oder als highway=service taggen soll, und in letzterem Fall mit welchem 
service=* Subtag. Ich schätze, dass für eine typische Nebenfahrbahn 
highway=service angemessen ist und dann bitte ohne name=*. Wenn man sie aber 
als unabhängig genug ansieht um sie als highway=residential zu taggen, dann 
ist ein Name vertretbar.

Man muss sich immer fragen, wofür man Kollateralschäden in Kauf nimmt. Was ist 
der Nutzen davon, auf alles einen Namen zu setzen? Geht es nur darum, einen 
kaputten Validator zu befriedigen? Kaputte Validatoren gibt es hunderte. Warum 
wird immer nur über die Symptome diskutiert und nie die Ursache angegangen? 
Die OSMF sollte den Anbietern von Validatoren klarmachen, dass das so nicht geht.

1) Ein Validator sollte etwas, was kein klarer Fehler ist, nicht bemängeln.

2) Etwas, was algorithmisch nach einem Fehler aussieht, sollte als "false 
positive" markiert werden können wie in Keepright. Dann gibt es zwar immer 
noch "Zombies", die trotzdem alles ändern ohne zu überlegen, aber es bleibt 
wenigstens eine Chance, dass ein mitdenkender User ihnen zuvorkommt.

Streetcomplete habe ich noch nie verwendet und anscheinend wird es nicht als 
Validator, sondern als Datenerfassungstool angesehen. Straßennamen braucht in 
Österreich aber keiner mehr mit so einem Tool erfassen, weil sie so gut wie 
überall schon komplett sind. Jede Änderung an kompletten Daten kann nur eine 
Verschlechterung sein. Siehe das ständige Tagging von Straßen mit dem Ortsnamen.

Noch zu den von Stefan angesprochenen Relationen: Die wären sicherlich die 
sauberste Lösung, aber nachdem sich bis jetzt kein Trend dahin abgezeichnet 
hat, wird sich an der festgefahrenen Praxis nichts mehr ändern.

Dennoch Ideen dazu:

1.) area:highway=* – genau genommen keine Relation, aber so ähnlich 
(Gesamtfläche). Leider hat Flaimo sein Proposal kurz vorm Ziel aufgegeben.

2.) type=cluster – mein eigenes Proposal, ohne weiteres für Straßennamen 
verwendbar.

3.) type=multilinestring – scheint auch für kreuzende Wege zulässig.

4.) type=street – eigentlich für Adressmapping konzipiert und für Straßennamen 
allein unhandlich, weil Rolle "street" auf alle Members gesetzt werden soll

5.) type=associatedStreet – detto, und der camelCase hat in OSM-Tags nichts 
verloren

6.) type=route + route=road passt nicht, weil da der überregionale Name drinsteht

Einen Nachteil von Relationen sehe ich darin, dass man sehr leicht vergisst, 
alle Wege aufzunehmen, vor allem wenn man die Relation nicht gerade neu 
anlegt, sondern die Wege nur bearbeitet. Ich merke das oft, wenn ich 
type=cluster auf Felswände setze. Die Wände noch genauer gemappt und schwupps 
sind nicht mehr alle in der Relation enthalten.

In Städten ist es schwierig genug, beim Editieren solche Relationen überhaupt 
zu entdecken zwischen den hunderten anderen Relationen (ÖPNV, 
Abbiegerelationen, Multipolygone...). Praktisch wären die Relationen so gut 
wie immer unvollständig. Je mehr man in die Relationen aufnehmen will 
(Gehsteige usw.), desto unmöglicher wird das Vollständighalten.

-- 
Friedrich K. Volkmann       http://www.volki.at/
Adr.: Davidgasse 76-80/14/10, 1100 Wien, Austria




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