[Talk-at] Gefahr durch Internet-Bergrouten

Marcus MERIGHI mcmer-openstreetmap at tor.at
Sun Aug 30 11:10:12 UTC 2020


robgruebler at gmail.com (Robert Grübler), 2020.08.30 (Sun) 00:05 (CEST):
> Am Donnerstag, 27. August 2020 22:05 schrieb Friedrich Volkmann [mailto:bsd at volki.at]
> 
> > Darum kann ich euch nur eindringlich ersuchen, alle highway=via_ferrata, 
> > denen ihr begegnet, auf highway=path zurückzuändern.
> 
> Alle? Wohl nicht.
> Ein klassischer Klettersteig – das mit durchgehenden Stahlseil
> gesicherte, primäre Ziel einer Tour – ist mit highway=via_ferrata
> korrekt getaggt (s.
> https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Tag:highway%3Dvia_ferrata ). 
> 
> Meine Gedanken zum Ausgangsthema selbst:
> Ein Mapper, der einen alpinen Pfad ohne Schwierigkeitsgrad aufnimmt,
> handelt grob fahrlässig. Keine Karte, kein Router kann wissen, dass es
> kein normaler Wanderweg ist.

Zustimmung.

> Ein Mapper, der einen alpinen Pfad mit einem selbstbestimmten
> Schwierigkeitsgrad aufnimmt, nimmt eine große Verantwortung auf sich.

Hier beginnst Du die Verschiebung der Verantwortung weg vom Bergsteiger,
hin zum Mapper.

Du liegst grundlegend falsch, weil das eigentliche Problem umgehst.
Dieses besteht in Menschen, die in Vollkasko-Mentalitaet nicht mehr
wissen, dass sie selbst fuer ihr Leben und ihre Gesundheit zustaendig
sind.

> Er muss ev. für die Richtigkeit geradestehen. Nicht nur jetzt, sondern
> auch zukünftig. D.h. er sollte den Schwierigkeitsgrad periodisch
> überprüfen.

Hier liegst Du juristisch, moralisch und praktisch falsch.

> Sicherheitshalber den höchsten Schwierigkeitsgrad zu vergeben ist
> keine besonders gute Idee, das untergräbt das Vertrauen in die
> Schwierigkeitsangabe.

Zustimmung.

> Ein Kartenhersteller, eine Router, der die Schwierigkeitsangabe
> alpiner Pfade ignoriert, handelt grob fahrlässig. Das kann
> lebensbedrohlich sein.

Also alle OSM-Renderer ausser zweien (Wanderreitkarte, die zweite faellt
mir gerade nicht ein)?

Und nein, das ist an sich nicht lebensbedrohlich; es gehoert naemlich
immer noch ein Berggeher dazu, der sich nicht auskennt. Der nicht weiss,
dass er auch den Rueckzug mitbedenken muss. Der Sachen hinauf"geht", die
er nicht wieder runter kann. (Umgekehrt ist selten ein Problem).  Der
glaubt, dass er ueberall Netzabdeckung hat. Der nicht weiss, wie man
GPS-Daten weitergibt. Der glaubt, dass der Hubschrauber auch bei
Schlechtwetter oder Nacht fliegt. Der nicht weiss, dass terrestrische
Rettung Stunden dauert. Und vieles mehr...

Um die Sache zu relativieren: Gesaeuse, Haindlkar (-huette), Peternpfad: 
BEV zeigt's als normalen, markierten Wanderweg; OeAV als markierten
Wanderweg, allerdings mit roten Punkten, also "Klettersteig, Route mit
Kletterstellen". 

Wenn man dann dort ist, warnt das gelbe Schild vor UIAA I-II. Einzelne
Stellen sind gesichert, aber nicht durchgehend.

(Als meine Frau die Fotos vom Abstieg ueber den Peternpfad sah, ging sie
automatisch davon aus, dass das noch die Klettertour sei und fragte mich
entgeistert, warum wir nicht mehr angeseilt waren.)

Aja, den Wilden Kaiser und seine "Wanderwege" hab' ich schon erwaehnt?

> Mein Resümee daraus:
> Nur Bergwege – markierte und gewartete Steige mit Schwierigkeitsangabe
> vom Wegeerhalter – sollten in OSM aufgenommen werden. 
> Ungewartete Steige sollten nicht in OSM aufgenommen werden. Vorhandene
> sollten gelöscht werden. Oder zumindest solange als „Nicht-Wege“
> maskiert werden, bis ein etabliertes Tagging dafür existiert.

Auch Wege mit Wegehaltern (meist Naturfreunde/Alpenverein oder lokale
Bergsteigergruppen) werden maximal einmal im Jahr abgegangen. Gerichte
sehen bei solchen Wegen die Wegehalterhaftung wegen der schwierigen
praktischen Durchfuehrbarkeit als eingeschraenkt.

"Ich habe nicht gewusst, dass es in den Bergen gefaehrlich sein kann"
ist noch nie vor einem oesterr. Gericht durchgegangen. Es gibt viel
zu viele Medienberichte ueber Bergunfaelle, als dass man das behaupten
koennte.

Ich glaube ausserdem, dass eingezeichnete (Nicht-) Wege die Sicherheit
auch erhoehen koennen. Dann naemlich, wenn jemand den Trittspuren folgt,
die er vor Ort sieht. Dann kann er anhand der Karte wenigstens wissen,
wo dieser "Weg" hinfuehrt und, bei korrektem Rendering, was sie/ihn
erwartet. 

Pfirti, Marcus



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