[Talk-at] Neighbourhoods in Wien

Gabriel Pfuner gabriel.pfuner at gmail.com
Tue Jan 30 19:53:01 UTC 2018





> Am 30.01.2018 um 19:05 schrieb Stefan Nagy <stefan.nagy at posteo.net>:
> 
> Am Sonntag, den 28.01.2018, 23:46 +0100 schrieb Friedrich Volkmann:
>> On 28.01.2018 13:04, Stefan Nagy wrote:
>>>>>> Es geht nicht darum, dass der Name der nach wie vor
>>>>>> existierenden Vorstadt Nikolsdorf vergessen wurde; die
>>>>>> Vorstadt existiert nicht mehr.
>>>> 
>>>> Sie existiert schon noch, sie ist nur mit anderen Vorstädten
>>>> zusammengewachsen - genauso wie Wien im Südwesten mit
>>>> Perchtoldsdorf, Brunn am Gebirge, Maria Enzersdorf, Hinterbrühl,
>>>> Gießhübl, Mödling, Guntramsdorf, Wiener Neudorf und Vösendorf
>>>> siedlungsmäßig zusammengewachsen ist, nur administrativ sind die
>>>> noch eigenständig. Wenn man die place-Nodes der Wiener Vorstädte
>>>> rauslöscht, müsste man konsequenterweise auch die place-Nodes von
>>>> Mödling usw. löschen und nur die admin-Grenzen lassen.
>>> 
>>> Für mich ist der Vergleich so absurd, dass ich gar nicht weiß, was
>>> ich da antworten soll… Also wir haben da offensichtlich so
>>> unterschiedliche Weltwahrnehmungen, dass eine diesbzügliche
>>> Verständigung schlicht unmöglich ist. Auch OK – sowas gibts.
>> 
>> Nach den bisherigen Erfahrungen bin ich überzeugt, dass eine
>> Verständigung auch in diesem Punkt zwischen uns möglich ist,
>> zumindest so weit, dass du meinen Vergleich nicht als absurd
>> ansiehst. Du hast zwar geschrieben, dass es nicht darum geht, dass
>> der Name vergessen wurde, aber ich habe doch den Eindruck, dass der
>> Bekanntheitsgrad des Namens den Ausschlag gibt, warum du Nikolsdorf
>> aus der Karte raus haben willst und Grinzing oder Mödling nicht. 
>> Wenn du schon als Kind von Nikolsdorf gehört hättest, in welcher
>> Weise auch immer, wär dessen Existenz für dich so selbstverständlich,
>> dass du den Thread gar nicht gestartet hättest.
> 
> Ich habe die erste Hälfte meines Lebens im Bezirk Mödling verbacht.
> Mödling ist nicht nur irgendeine Ansiedlung mit einem historisch
> überlieferten Namen, sondern ein gegenwärtiger Bezugspunkt. Ich bin in
> Laxenburg aufgewachsen. Und so wie die allermeisten Kinder und
> Jugendlichen im Bezirk bin ich in eine der vielen Sekundarschulen
> Mödlings gegangen. Am Abend sind wir, wie viele andere, in Mödling
> weggegangen.
> 
> Selbst Laxenburg geht problemlos als Bezugspunkt durch. Kinder gehen da
> in die Volks- und vielleicht Musikschule; manche sind bei der
> Pfadfinder-Gruppe, manche gehen zur Freiwilligen Feuerwehr, manche
> gehen mit den Eltern zum Tennis-Klub; viele treffen sich (so
> unterschiedlich ihre Leben sonst auch sind) dann im Sommer im Bad usw.
> usf. Und dann kommt da auch noch der ADEG dazu, bei dem man sich sieht
> (der glaub ich jetzt aber zugesperrt hat); der Bäcker, die Apotheke
> usw. usf.
> 
> Durch solche gemeinsamen Bezugspunkte entsteht Idenität. Man ist
> Laxenburger. Die anderen sind Biedermannsdorfer. Auf einer anderen
> Ebene ist man mit denen eins. Also wenn man Leute aus einem anderen
> Bundesland kennenlernt, werden die Differenzen zum Achauer
> vernachlässigbar; dann ist man Mödlinger. Aber wenns um Wien geht…
> Viele Mödlinger die ich kenne haben ein Wien-Bild, das starke
> Ähnlichkeiten zu dem hat, das ich sehr ähnlich von Steirern kenne
> (trotz der viel kürzeren Luftlinie). Sie haben ihr Bild primär aus den
> Medien – und dann kennen sie noch die Mariahilfer Straße, den Graben
> und die Kärtner Straße. Ihr Zentrum ist aber eben nunmal Mödling, nicht
> Wien.
> 
> Kommen wir zu Nikolsdorf: Wo sind da gegenwärtige gemeinsame
> Bezugspunkte? Das Einzugsgebiet vom Hofer ist viel größer (sonst würde
> er schon lange nicht mehr existieren); das vom Hartmannspital erst
> recht. Was gibt es noch… Der Rudolf-Sallinger-Park liegt schon nicht
> mehr am Grund des ehemaligen Nikolsdorf… Das "Fit Inn" immerhin zur
> Hälfte. Aber glaubst du, die Leute von links und rechts der
> Nikolsdorfer Straße erkennen sich dort als Nikolsdorfer?
> 
> Sagen wir, in den Volksschulen rund um die Nikolsdorfer Gasse würde man
> den Kindern von Nikolsdorf, Hungelbrunn usw. erzählen; deren Geschichte
> ausbreiten und behaupten, diese Vorstädte würden heute noch existieren.
> Glaubst du ernsthaft, dass diese Identitäten gelebt werden würden, wenn
> die Bezugspunkte der Kinder meistens außerhalb der jeweiligen Grenzen
> sind (und zwar von dem Moment an, wenn ihre Eltern mit ihnen das erste
> mal das Haus verlassen, um in einem nahe gelegenen Park spazieren zu
> gehen)? In weniger als fünf Minuten Gehzeit ist man in (nun in den vo
> dir vertretenen Grenzen des frühen 19. Jahrhunderts ausgedrückt)
> Matzleinsdorf, Margareten, Wieden, Hungelbrunn und am Laurenzergrund –
> je nachdem in welche Himmelsrichtung man schlendert.



Als ein Anrainer Nikolsdorf will ich kurz eine paar Worte dazu sagen, seit fast 10 Jahren wohne ich nun hier und habe noch nie jemanden getroffen der sich im 5ten Bezirk an diese Namen orientiert oder sich damit identifiziert. (Auch Kollegen in anderen Bezirken verwenden die historischen Orts Namen nicht wenn sie mir erklären wo sie wohnen. Ich kenne sie auch nur weil ich auf Wien.gv.at (Bin mir nicht mehr sicher) die Geschichte des 5ten Bez mal gelesen habe eigentlich bin ich darauf gestossen da ich die ehemalige Florianikirche recherchiert habe.
Die Namen mögen zwar in Strassen oder Plätzen existieren eine andere Bedeutung haben sie für die Bewohner aber nicht. Da gilt der Bezirk mehr als das vorherige Dorf auf dem man jetzt wohnt. So zumindest meine Beobachtung. Das selbe in Grün haben wir ja auch in anderen Bezirken. Laimgrube, Altlerchenfeld, Breitenfeld etc. wenn ich jetzt nicht auf der Karte nachgesehen hätte wüsste ich gar keinen dieser Namen und bin mir sicher ein grossteil der Menschen die dort wohnen kennen sie auch nicht bzw. identifizieren sie sich nicht damit. Anders verhält es sich aber bei den Namen Schmelz, Gersthof, Grinzing, Rudolfsheim (hauptsächlich da sich ein Haufen „Gangster“Rap darauf bezieht siehe RAF Camera zB.) Aber in all diesen Orten gibt es etwas das man damit verbindet sprich einen Bezug herstellen kann der evt identitätsstiftend sein kann. 


> 
>> Ich habe mein ganzes Leben im 10. Bezirk gewohnt. Laaerberg,
>> Wienerberg, Oberlaa, Unterlaa, Hansson-Siedlung, ich kannte alles wie
>> meine Westentasche. Als aber in den Nachrichten stand, dass die U1
>> nach Rothneusiedl verlängert werden soll und dort ein Einkaufscenter
>> und ein Fußballstadion gebaut werden sollen, fragte ich mich, wo oder
>> was Rothneusiedl denn sein soll. Im Stadtplan auf wien.at wird
>> Rothneusiedl mitten in den Äckern angezeigt. Tatsächlich waren genau
>> dort in den Äckern die Baumaßnahmen geplant. Warum heißen Äcker seit
>> Jahrhunderten Rothneusiedl? Haben Leute im 18. Jahrhundert die
>> Besiedlung im 21. Jahrhundert schon vorausgeahnt? Erst meine
>> Beschäftigung mit OSM und mit alten Karten brachte mir die
>> Erkenntnis, wo dieses Rothneusiedl wirklich war. Es gibt dort sogar
>> eine Kirche, die aber so unscheinbar ist, dass sie mir beim
>> Vorbeifahren nie auffiel. Ist das jetzt eine Siedlung, die es 
>> verdient als place=suburb gemappt zu werden oder nur neighbourhood
>> oder gar nicht? Seit wegen der Planungen Rothneusiedl in aller Munde
>> ist, wird vermutlich niemand die Löschung des place-Nodes aus OSM
>> befürworten. Es ist aber wirklich nur der Bekanntheitsgrad des
>> Namens, der sich durch die Planungen geändert hat. Die Siedlung
>> dieses Namens hat in keiner Weise an "Identität" gewonnen, ganz im
>> Gegenteil, das geplante Shoppingcenter beraubt Rothneusiedl seiner
>> (ländlichen) Identität. Es wird einen großen Parkplatz, einen Hofer,
>> einen Billa, einen Libro, einen C&A usw. geben, wie in tausend 
>> anderen Einkaufszentren auch.
> 
> Ich kann das bei Rothneusiedl nicht beurteilen; also ob es für die
> Bewohner genügend Bezugspunkte gab, dass sie ein "Wir"-Gefühl
> entwickeln konnten. Für den Fall, dass es das nicht gab, wurde durch
> das mediale Getöse nicht die Bekanntheit eines immer vorhandenen
> Phänomens ("Vorstadt" – was auch immer das ohne Menschen und deren
> Denken und Empfinden ist) gesteigert, sondern etwas Neues geschaffen
> und dafür auf einen alten Namen zurückgegriffen.
> 
> Wie gesagt, ich kanns aus der Ferne nicht beurteilen. Und deswegen werd
> ich meine Finger von Rothneusiedl lassen.
> 
>>> Die Frage ist, wie im Projekt mit solchen Situationen umgegangen
>>> wird. Bei der Wikipedia kenn ich mittlerweile die Vorgangsweise
>>> halbwegs, ich würde da jetzt erst einmal eine dritte Meinung
>>> einholen. Aber bei OSM bin ich noch nie vor so einer Situation
>>> gestanden. Hat sich da irgendeine Vorgehensweise etabliert?
>> 
>> Die deutschsprachige Wikipedia ist meines Wissens eine Oligarchie
>> von Herzipinki & Co.  OSM ist auch nicht viel anders, das Tagging
>> entscheiden hauptsächlich die Carto-Committer, Editor- und
>> Validatorentwickler. Auch Administratoren und Moderatoren können
>> Einfluss nehmen, z.B. indem sie einen User, der anderer Meinung ist,
>> sperren. Wer keines dieser Privilegien besitzt, kann Erfolg haben
>> durch heimliche Wiki- und Datenedits (ohne Änderungskommentar oder
>> mit einem Kommentar wie "Qualitätssicherung"). In Diskussionen
>> schadet es nicht, ein paar Freunde zu haben, die sich bei 
>> Bedarf gemeinsam in den Diskussionsgegner verbeißen.
> 
> Meine Erfahrung ist eben die, dass man in freien Projekten mit derart
> unterschiedlichen Leuten zu tun hat, dass man immer wieder bemerkt,
> dass man ganz unterschiedliche Weltwahrnehmungen hat und ab und zu – so
> sehr man sich auch bemüht – einfach aneinander vorbeiredet. Da finde
> ich sowas wie die Dritte Meinung eine ganz gute Sache.
> 
> Ich würde den Projekten nicht vorwerfen, etwas falsch zu machen. Es ist
> eben wirklich beachtlich, wie unterschiedlich man Dinge einschätzen
> kann; wie wenn man auf unterschiedlichen Planeten leben würde.
> Angesichts dessen ist es eher ein Wunder, wie gut nicht autoritär
> geführte Projekte funktionieren.
> 
>>> Im deutschsprachigen Wiki-Artikel steht "eine geografische oder
>>> soziale Bezugsstruktur innerhalb einer Großstadt (place=city) […]
>>> welche sich räumlich/geografisch und auch oft von der sozialen oder
>>> ethnischen Struktur seiner Bewohner her von anderen Stadtvierteln
>>> abgrenzt".
>>> 
>>> Keines dieser Kriterien wird erfüllt.
>> 
>> In der englischen Version steht was ganz anderes. Ich verstehe nicht,
>> warum Deutsche und Russen immer wieder abweichende Definitionen
>> aufstellen wollen und damit die internationalen Standards
>> untergraben.
>> 
>> Die zitierte Definition klingt schwulstig, ist aber trotzdem
>> unscharf. Was soll man sich unter einer "geografischen oder sozialen
>> Bezugsstruktur" vorstellen? Auch eine Familie oder ein Sport- oder
>> Pensionistenverein sind soziale Bezugsstrukturen. Als Beispiel für
>> eine geografische Bezugsstruktur fallen mir die Alpen ein. Der
>> Hinweis auf "andere Stadtviertel" scheint mir unpassend, denn das
>> Wort "andere" impliziert, dass auch das place=neighbourhood selber
>> ein Stadtviertel ist. Stadtviertel sind aber größere Einheiten, z.B.
>> place=quarter.
> 
> Zu geografischen Bezugspunkten (von "struktur" würde ich da nicht
> sprechen): Ich verbringe immer wieder viel Zeit in Luzern in der
> Schweiz und gibt es Hügel bzw. Berge, zu denen Bezüge in den lokalen
> Identitäten bestehen. Also man wohnt am Gütsch oder am Bramberg usw.
> Die Gegenden unterscheiden sich durchaus soziokulturell und auch in der
> Architektur.
> 
> Soziale Bezüge habe ich oben genannt; eben danach frage ich ja bei
> Nikolsdorf. Es braucht irgendwas, das ein "Wir" herstellt; in aller
> Regel ist das eine Vielfalt von Bezugspunkten, daher macht da auch das
> Gerede von einer Bezugsstruktur Sinn.
> 
> 
> -- 
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