[Talk-at] Mappen von Gehsteigen -> Projekt Rollstuhlrouting

Michael Maier Michael.Maier at student.tugraz.at
Tue Feb 25 21:53:37 UTC 2014


On 25/02/14 15:57, Friedrich Volkmann wrote:
> On 25.02.2014 13:46, Michael Maier wrote:
>> Dem Punkt stimme ich zu 100% zu.
>> Die OSM wird immer genauer - wir fangen mit einem Hauptstraßennetz an,
>> und erweitern es um Nebenstraßen, Fußwege etc. Wieso sollten wir bei
>> einer willkürlich gezogenen Grenze aufhören?
> 
> Vielleicht weil irgendwo das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen nicht mehr
> dafürsteht?

Guter Punkt!
Für dich mag der Nutzen gering sein, für andere sind Gehsteighöhen eine
essentielle Information! Wusstest du, dass Elektrorollstuhlfahrer
maximal 3cm hohe Kanten überwinden können?

>> Hier kommen wir zu einem Projekt — wo ich beratenden tätig bin — , das
>> ich an dieser Stelle kurz vorstellen möchte:
>> Es geht um die Erstellung eines fortgeschrittenen Routers für
>> mobilitätseingeschränkte Personen, der verschiedene Profile kennt, zB
>> sportliche Rollstuhlfahrer, E-Rollstühle, überbreite Kinderwägen etc.
>>
>> Für solche Spezialanwendungunden ist es _zwingend_ nötig, alle Gehsteige
>> als eigene Wege zu mappen (was wir in der Testregion Gleisdorf auch
>> machen werden).
> 
> D.h. für den schnöden Mammon - es ist ja offenbar ein Projekt, in das
> Geld fließt, wahrscheinlich sogar aus Steuergeldern - wird OSM
> missbraucht. Und wenn das Projekt beendet ist und alle ihren Groschen im
> Sack haben, wird sich keiner mehr drum kümmern.

Ich darf dir sagen, dass das Projekt großteils aus Fördergeldern
finanziert wurde, denn: Die Zielgruppe ist so klein, da würde jeder
wirtschaftlich denkende Mensch die Finger davon lassen, da es sich
anders nicht rentiert - und genau dafür sind Förderungen da!

Ich habe mich entschlossen, dem Projekt zu helfen WEIL ich in Gleisdorf
eine Community aufbauen will - denn jeder Involvierte weiß, dass das
Projekt ohne aktive Community nicht lange leben wird.

Zum Missbrauch: Wir arbeiten hier mit Firmen zusammen, die daran
interessiert sind die Datenqualität in der OSM zu erhöhen - würdest du
für deine Gegend die Chance ausschlagen?

> Die Rollstuhlfahrer selber werden davon keinen Nutzen haben, denn jene,
> die in Gleisdorf wohnen, kennen ihre Gegend sowieso,

Bei dem Projekt geht es auch darum, den Betrieben in der Region anreize
zu bieten, für Rollstuhlfahrer besser erreichbar zu sein - die meisten
Geschäfte sind noch mit zuvielen Stufen ausgestattet, denen wollen wir
die Problematik bewusst machen. Und das hilft dann auch den
Rolli-Fahrern, wenn sie mehr Auswahl zum Einkaufen haben.

> und den Rest der
> Welt wird keine auf die selbe Weise mappen.

Wir werden versuchen, möglichst Standard-Tags wie width, incline, usw.
auf den Wegen zu verwenden. Was ich vermeiden will sind komplizierte
konstrukte wie "sidewalk:right:width=*" auf den Wegen selbst, denn die
würde außer uns sonst keiner verwenden.

> Bezeichnenderweise diskutieren hier auch keine Rollstuhlfahrer mit,
> sondern nur die wirklichen Nutznießer solcher Projekte, also die
> Honorarempfänger und diejenigen, denen solche Projekte fürs Studium,
> also für die Karriereleiter, dienlich sind.

Das ist eine persönliche Anschuldigung, die ich aus Höflichkeit ganz
einfach ignoriere.

> 
>> Denn wir brauchen folgende Wegeigenschaften:
>> * Steigung in Prozent
>> * Oberflächentyp (paved, cobblestone etc.)
>> * Anzahl Stufen, Stufenhöhe
>> * Wegbreiten (für Rollstühle sind 80 oder 90cm Mindestbreite
>> erforderlich)
>> * Bordsteinhöhen bei Kreuzungen
> 
> Siehe oben. Niemand wird das alles flächendeckend mappen, es sein denn,
> die USA leiten ihr Militärbudget um.

Natürlich nicht, sondern nur da wo es sinn macht - es macht keine sinn
auf alle footway=sidewalk surface=paved draufzupappen, sondern die
Eigenschaften da, wo sie vom default abweichen.
Die Steigung z.B. werden wir auch nur da auftragen, wo sie größer als
z.B. 6% ist - was nur wenige Prozent der Wege betrifft.

> 
>> Man muss sich folgendes Vorstellen: in der Altstadt geht eine Straße den
>> Berg hinauf und macht eine enge Kurve. Wenn es links und rechts
>> Gehsteige gibt, haben die ziemlich unterschiedliche Steigungen an der
>> Kurveninnen- und Außenseite. Der Rollstuhlfahrer muss somit wenn er da
>> rauf will an der Außenseite fahren und vorher die Straßenseite wechseln.
> 
> Das ist ein sehr hypothetisches Beispiel. In der Praxis wird man mit dem
> Auto weiter zufahren oder die Kurve rechtzeitig sehen.

Mit dem Auto darfst du nicht überall parken - und gerade als
Rolli-Fahrer hast du bis zum nächsten Behindertenparkplatz oft ein
Stück. Und auch als E-Rolli-Fahrer kannst du die Straßenseite nicht so
einfach wechseln.

>> Ein weiteres Argument für eigene Ways: Wir werden die Steigungen der
>> Fußwege (sobald sie vom Luftbild abgezeichnet wurden) automatisch
>> mittels Verschneidung mit dem Laserscan erfassen und eintragen.  Dafür
>> ist der genaue (±1m) Verlauf des Gehsteigs zwingend notwendig - denn da
>> die Straßenbreite ja nicht bekannt ist würde das zu falschen Ergebnissen
>> führen.
> 
> Die Straßenbreite kannst du mit width=* u.ä. taggen.

Willst du die Wege überall da aufsplitten, wo sich die Breite um einen
Meter ändert? Außerdem will ichs keinem zumuten, mit dem
Measurement-Tool alle 5m die Straßenbreite abzumessen…

> 
> Verschneidung mit dem Laserscan wär auch für andere Anwendungen
> interessant, z.B. Wander- und MTB-Karten. Aber bitte solche berechneten
> Werte nicht in die OSM-Datenbank hineinschütten. Das ist ein Schritt,
> der erst in der Anwendungsdatenbank stattfinden darf. Abgesehen davon
> wäre in OSM die mechanical edit policy zu beachten.

Das sehe ich auch als großen Nutzen des Projektes:
Wir bekommen hier aus der "Industrie" die Entwicklung eines Algorithmus
finanziert, der dann als Open Source freigegeben wird - das ist imho
sinnvolle Verwendung von Steuergeld.

Das ist mir schon klar, dass hier die mechanical edit policy zu beachten
ist, wenn es soweit ist wird das selbstverständlich vorher diskutiert.

Aber ich möchte solche berechneten Werte in die OSM-Datenbank reintun, denn:
· Den Laserscan darf ich nicht veröffentlichen, abgeleitete Werke davon
schon.
· Wenn wir es in einer externen DB hätten (die ja eh unter ODbL
veröffentlicht werden müsste), müsste jeder der es nutzen will diese DB
wieder mit der OSM synchronisieren - usability-horror.
· Ich kann die OSM updaten ohne die Steigungs-DB synchronisieren zu müssen
· So können nicht nur wir die Daten sofort nützen, sondern auch z.B.
Fahrradrouter.

> 
>> Hier muss ich dem Vorposter virtuell auf die Finger klopfen - mit so
>> einer Einstellung werden Leute diskriminiert!
> 
> Das ist ein Blödsinn. Manche Daten haben in einer Geodatenbank einfach
> nichts verloren oder widersprechen den Konventionen, das hat mit
> Diskriminierung nichts zu tun. Sonst könnten Onlinehändler genauso
> Diskriminierung schreien, wenn ihre Produktliste nicht in OSM erscheint.

Hier gings darum dass er sich nicht um die Wegbreiten kümmert und Usern,
denen das was bedeutet die Existenzberechtigung abspricht. Alle Daten,
die wir da vorhaben zu ergänzen haben ganz eindeutigen Geobezug.

lg, Michael

-- 
Michael Maier, Student of Telematics @ Graz University of Technology
OpenStreetMap Graz                         http://osm.org/go/0Iz@paV
http://wiki.osm.org/Graz
http://wiki.osm.org/Graz/Stammtisch

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