[Talk-at] Es geht alles gegen null

Friedrich Volkmann bsd at volki.at
Mon Sep 11 02:30:04 UTC 2017


Ich kenne wen, der pflegt zu sagen: "Es geht alles gegen null." Damit meint 
er, dass alles irgendwann an Bedeutung verliert und letztlich verschwindet, 
einschließlich uns selber. Nach uns verschwindet auch alles, was wir in 
unserem Leben geschaffen haben. Spätestens wenn der letzte Stern verglüht 
ist, werden Mozarts Werke vergessen sein. An die meisten von uns wird aber 
schon nach 2 Generationen nichts mehr erinnern.

Ich war gestern nach langer Pause wieder auf der Hohen Wand. Schon beim 
Blick aufs GPS-Gerät, um so mehr dann beim Editieren daheim, wunderte ich 
mich, wie ungenau ein Weg gemappt ist, den ich schon so oft gegangen war. 
Ich kam dann drauf, dass jemand in einem einzigen Changeset über tausend 
Nodes aus den Wegen im Hohe-Wand-Gebiet rausgelöscht hatte. Vor 4 Monaten! 
Mich schockiert die Löschung, aber noch viel mehr schockiert mich, dass so 
was über so lange Zeit unbemerkt bleibt. Ich hatte beim Wiederherstellen 
natürlich das Problem, dass einige Wege in der Zwischenzeit schon bearbeitet 
wurden. Würden nochmal 4 Monate vergehen, dann wäre eine Wiederherstellung 
kaum mehr möglich, ganz abgesehen davon, dass keiner einen so lang 
zurückliegenden Changeset noch anschauen will. Die Daten wären dann einfach 
weg, und keiner wüsste mehr, dass es sie mal gegeben hat.

Im selben Gebiet haben andere User sogenannte OSMI-Fixes gemacht, bei denen 
sie landuse ohne Ortskenntnis verändert haben, Wege verbunden haben, die 
real nicht verbunden sind, usw. Da kommt man mit dem Reparieren nicht mehr 
nach. Als Mapper, der ein Gebiet oder eine Kategorie genau gemappt hat, ist 
man ständig gefordert, Daten wiederherzustellen.

Man sollte annehmen, dass die Mehrzahl der Edits Verbesserungen sind oder 
sich die Verbesserungen und Verschlechterungen wenigstens die Waage halten. 
Aber wenn man sich die Randfälle ansieht (nichts gemappt, alles gemappt), 
dann wird klar, dass es einen Erfassungsgrad gibt, ab dem die 
Wahrscheinlichkeit, dass ein Edit eine Verbesserung darstellt, unter 50% 
fällt. Man kann es so ausdrücken: OSM ist zur Mittelmäßigkeit verdammt, und 
jeder, der (wie ich) Zeit und Geld investiert um es noch besser zu machen, 
wird langfristig nichts gegen die mathematische Gesetzmäßigkeit ausrichten.

Wenn man den Nutzen der Daten über die Zeit integriert, in der sie bestehen 
und bei den Anwendern ankommen, dann kann der Nutzen schon vorhanden sein, 
aber wohl kaum den Aufwand rechtfertigen.

Vielleicht ist es ein Trost, dass nicht nur die Daten verschwinden werden, 
sondern letztlich auch die Leute, die sie zerstört haben.

-- 
Friedrich K. Volkmann       http://www.volki.at/
Adr.: Davidgasse 76-80/14/10, 1100 Wien, Austria



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