[Talk-at] Urheberrechtsabgaben und Verwertungsgesellschaften

Friedrich Volkmann bsd at volki.at
Mon Jul 18 11:34:40 UTC 2016


Vor einem halben Jahr habe ich diesen Tread gestartet (unten ein Fullquote, 
weil es so lang her ist), und nun kann ich weiteres berichten.

Wie gesagt betreffen uns als Mapper die Urheberrechtsabgaben doppelt: 
Erstens stehen uns als Urhebern Tantiemen zu, zweitens ist es absurd wenn 
wir als Urheber selber Urheberrechtsabgaben zahlen.

Zum ersten Punkt habe ich geschrieben, dass von den bestehenden 
Verwertungsgesellschaften bestensfalls die Literar Mechana zuständig 
scheint. Ich habe bei Claudia Wagner von der Literar Mechana angefragt und 
sie meint, dass "Online Landkarten und darauf basierende Routinganwendungen 
nicht meldefähig" sein werden. (Bei der Gelegenheit fragte ich auch, wei das 
mit Web veröffentlichten Texten, z.B. auf der eigenen Homepage, ist. Die 
Antwort war, dass Texte und Textdokumente, die im Internet erscheinen, bei 
der deutschen Schwestergesellschaft VG Wort "im Rahmen der Zugriffszählung" 
meldefähig seien. Zugriffszählung heißt, dass um so mehr Tantiemen anfallen, 
je höher die Zugriffszahlen. Wie die VG Wort die Zugriffe zählen will, 
bleibt schleierhaft. Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine 
Webspaceprovider keine Logs an die VG Wort weitergeben, denn erstens dürfen 
sie das aus Datenschutzgründen nicht, und zweitens haben sie auch gar kein 
Interesse an dieser Weitergabe.)

Um unsere Ansprüche durchzusetzen, gibt es anscheinend keine andere 
Möglichkeit, als eine neue Verwertungsgesellschaft für Datenbanken o.ä. zu 
gründen. Ein logischer Name wär "data mechana".

Zum anderen Punkt habe ich, nachdem ich von der Austro Mechana 1½ Monate 
keine Antwort erhalten hatte, Tobias Zehenthofer von der Austri Mechana 
persönlich angeschrieben und er schrieb mir zurück, dass er dafür zuständig 
ist. Ich solle für die Rückforderung ein Formular ausfüllen und es gemeinsam 
mit der Rechnung ihm mailen. Das habe ich nun gemacht. Daraufhin schrieb er 
mir, dass Privatpersonen nun doch keine Rückerstattung bekommen. Die Austro 
Mechana hebt zwar die in der Urheberrechtsnovelle 2015 neu eingeführten 
Abgaben ein, verweigert zugleich aber die in der selben Novelle 
vorgeschriebenen Rückerstattungen. Das ist um so verwunderlicher, als die 
Verwertungsgesellschaften dem Vernehmen nach doch am Kompromiss der 
Interessensvertretungen beteiligt waren, welcher der Novelle zu Grunde liegt.

Die Verwertungsgesellschaften können leider tun, was sie wollen, weil es 
keine Möglichkeit gibt, sie für Gesetzesverletzungen zur Rechenschaft zu 
ziehen. Es gibt im Gesetz keine Strafbestimmungen, und Amtsmissbrauch (§302 
StGB) ist es auch nicht, weil die Funktionäre der Verwertungsgesellschaften 
keine Beamten sind.

On 25.01.2016 04:17, Friedrich Volkmann wrote:
> Vielleicht kann sich noch der eine oder andere noch erinnern, dass die
> Austro Mechana 2010 sich über ein Urteil des OGH hinweggesetzt und
> Urhebberechtsabgaben (URA, neuerdings auch Speichermedienvergütung genannt)
> auf Festplatten eingefordert hat. Nicht alle Händler fügten sich der
> Forderung, deshalb betrieben die Verwertungsgesellschaften Lobbying in der
> Politik und erreichten mit Mitteln, die sich jeder selber denken kann, dass
> die SPÖ-Minister Schmied und dann Ostermayer der Abgabe wohlwollend
> gegenüberstanden. Nach Verhandlungen der Industrie mit dem Handel - die
> Konsumentenvertreter spielten nicht wirklich mit - wurde im Herbst die
> Abgabe auf alle Arten von Speichermedien (Festplatten, SD-Karten, USB-Sticks
> usw.) gesetzlich gedeckt.
>
> Das neue Gesetz sieht aber auch vor, dass die Verwertungsgesellschaft die
> URA zurückzuzahlen hat "an den Letztverbraucher, der Speichermedien zu einem
> Preis erworben hat, der die bezahlte Vergütung einschließt, diese jedoch
> nicht für Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch benutzt oder
> benutzen lässt" (Urheberrechtsgesetz=UrhG §42b Abs. 6) und dafür "auf ihrer
> Website einen einfachen, verständlichen und für den durchschnittlichen
> Nutzer nachvollziehbaren Weg für die Geltendmachung des Rückersatzanspruchs
> und der Befreiung von der Zahlungspflicht anzubieten, der eine wirksame
> Geltendmachung ermöglicht und mit keiner übermäßigen Erschwernis verbunden
> ist" (Abs. 8). Wie sich die Austro Mechana schon nicht ans Urteil des OGH
> hielt, hält sie sich nun auch nicht an diese §§, denn auf ihrer Website
> www.aume.at ist keine einfache Möglichkeit der Rückerstattung zu finden.
> Wenn man genau sucht, findet man Formulare für Firmen, für Konsumenten gibt
> es nichts. Und sogar für Firmen ist die Rückforderung kompliziert und
> kostspielig (Porto). Ich habe die Austro Mechana darum am 3. Jänner per Mail
> um Auskunft gebeten. Es kam schnell eine automatische
> Mailempfangsbestätigung, auf eine Antwort warte ich immer noch.
>
> Das betrifft uns als Mapper in vielfacher Hinsicht. Wenn wir eine
> Speicherkarte fürs Garmin kaufen, zahlen wir URA an die Austro Mechana. Wenn
> wir eine Speicherkarte für die Kamera kaufen, ebenso. Wenn wir ein Handy
> kaufen, ditto. Wenn wir die Daten auf die Festplatte kopieren - für die
> haben wir ebenfalls URA abgeliefert. Und natürlich brauchen wir Backups -
> schon wieder zahlen wir URA. Wir zahlen ununterbrochen an die
> Musikindustrie, obwohl wir die Speichermedien überhaupt nicht für Musik
> brauchen. Es sind im wesentlichen unsere eigenen Daten, die wir abspeichern.
> Wir sind nicht die Datennutzer, sondern die Urheber.
>
> Und das bringt mich zum eigentlichen Grund, warum ich dieses Mail schreibe.
> Als Urheber sollten wir durchs neue Gesetz eigentlich nicht zur Kasse
> gebeten werden, sondern ganz im Gegenteil etwas von dem Kuchen abbekommen.
> Und wenn man bedenkt, dass heute schon auf so gut wie jedem Handy oder Navi
> OSM-Daten drauf sind bzw. genutzt werden, dann steht uns nicht nur ein
> kleiner Teil des Kuchens zu, sondern ein großer. Es geht um richtig viel Kohle.
>
> OSM ist eine Datenbank und somit nach UrhG §40f Abs. 2 als
> Sammelwerk urheberrechtlich geschützt. Nach §6 sind aber zusätzlich auch die
> einzelnen Datenbankeinträge (Ways usw.) urheberrechtlich geschützt. Da fragt
> sich zunächst, ob diese als "Sprachwerke aller Art einschließlich
> Computerprogramme" (§2 Abs. 1), als "Werke wissenschaftlicher oder
> belehrender Art, die in bildlichen Darstellungen in der Fläche oder im Raume
> bestehen" (§2 Abs. 3) oder als "Werke der bildenden Künste" (§3) einzuordnen
> sind. Da Datenbanken keine Computerprogramme sind, sondern bestenfalls
> Bestandteil von Computerprogrammen, und ich mich auch nicht als bildender
> Künstler fühle, fallen die einzelnen Daten m.E. eindeutig unter §2 Abs. 3.
>
> Wenn OSM-Daten aber in einem Computerprogramm verwendet werden, sind wir
> zugleich auch Miturheber dieses Computerprogramms.
>
> D.h. mit dem Hochladen von Daten in OSM werden wir auf dreifacher Weise zu
> Urhebern:
> 1.) als Urheber eines Werkes der Literatur nach §2 Abs. 3
> 2.) als Miturheber eines Sammelwerks nach §6 bzw. §40f
> 3.) als Miturheber eines Computerprogramms, also eines Werkes der Literatur
> nach §2 Abs. 1.
>
> Der Vollständigkeit halber erwähne ich noch, dass wir bei Veröffentlichung
> von Texten im Internet außerdem folgendes sind:
> 4.) Urheber von Werken der Literatur (Beiträge in Mailinglisten, Webforen,
> eigene Webseiten...)
> 5.) Miturheber von Werken der Literatur (Wikiseiten usw.)
>
> Diese Kategorien entscheiden, welche Verwertungsgesellschaft für uns
> zuständig ist. Es gibt nämlich eine ganze Reihe von Verwertungsgesellschaften:
>
> A) Austro Mechana, AKM und LSG vertreten die Musikindustrie
> Aa) Austro Mechana kassiert bei Datenträgern
> Ab) AKM kassiert bei Radiosendungen, Aufführungen in Lokalen u.dgl.
> Ac) LSG kassiert ebenfalls von Lokalen und zusätzlich von Fluggesellschaften
> B) Literar Mechana vertritt Autoren und kassiert bei Kopierern, Druckern,
> Scannern usw. sowie von Rundfunkanstalten und Kabelbetreibern
> C) FAM und VDFS vertreten die Filmindustrie
> Ca) FAM kassiert von Fernsehempfängern
> Cb) VDFS kassiert bei CDs
> D) Bildrecht alias VBK vertritt Bildende Künstler und kassiert bei
> Kopierern, Druckern, Scannern usw. (zusätzlich zu den Abgaben für die
> Literar Mechana) sowie in jedem einzelnen Fall, wo die Werke dargestellt werden
> E) VGR vertritt Rundfunkanstalten
>
> Für Punkt 1 wäre also die Literar Mechana zuständig, und für Punkt 2 ebenso,
> weil es sich um quasi um eine Literatursammlung handelt. Für 3, 4 und 5 auch.
>
> Die Literar Mechana hebt zwar nicht direkt Abgaben auf Speichermedien ein,
> bekommt aber von der Austro Mechana einen vereinbarten Anteil.
>
> Um nun an Tantiemen zu kommen, muss man erst mal bei der
> Verwertungsgesellschaft, also der Literar Mechana, Mitglied werden. Entweder
> als Einzelperson oder als Organisation (z.B. Verein OpenStreetMap Austria).
> Außerdem muss man das Werk (Openstreetmap?) ins Werkeregister eintragen. Die
> Gelder werden nach den Verteilungsbestimmungen
> (http://www.literar.at/docs/default-source/downloads/verteilungsbestimmungen.pdf?sfvrsn=20)
> auf die Werke bzw. je Werk auf dessen Urheber und Verleger aufgeteilt. Das
> größte Problem mit den konkreten Verteilungsbestimmungen ist, dass die darin
> noch als Leerkassettenvergütung bezeichnete Speichermedienvergütung nur für
> im Rundfunk aufgeführte Werke ausgeschüttet wird. Auch sonst gibt es in dem
> ganzen Dokument nichts, was auf Datenbanken oder deren Folgeprodukte passen
> würde.
>
> Falls es mit der Literar Mechana nicht klappt, gibt es noch die Möglichkeit,
> eine neue Verwertungsgesellschaft zu gründen. Dazu braucht man eine
> Betriebsgenehmigung durch die Aufsichtsbehörde für
> Verwertungsgesellschaften. Weiteres siehe Verwertungsgesellschaftengesetz
> (VerwGesG). Es ist sicher um so chancenreicher, je mehr potenzielle
> Mitglieder angesprochen werden, z.B. mit einer Verwertungsgesellschaft
> generell für Datenbanken statt nur für OSM.
>
> Habt ihr euch zu dem Thema schon Gedanken gemacht, habt ihr Lust in der
> Sache aktiv zu werden, und wenn ja, mit welcher Strategie?

-- 
Friedrich K. Volkmann       http://www.volki.at/
Adr.: Davidgasse 76-80/14/10, 1100 Wien, Austria



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